Welche Fragen in einem Vorstellungsgespräch tabu sind

May 2014

eFinancialCareers.de

So mancher Arbeitgeber missversteht Vorstellungsgespräche als Fragestunden. Dabei muss der Bewerber nicht etwa alles beantworten. Denn spätestens seit dem Allgemeinen-Gleichstellungsgesetz (AGG) gibt es „zulässige“ und „unzulässige“ Fragen. Dennoch werden auch weiterhin unzulässige Fragen gestellt. Außerdem gibt es legale Fragen, die Kandidaten dennoch nicht beantworten sollten. Bei weiteren Fragen sollten sich Bewerber ganz genau überlegen, welche Antwort geboten ist und welche nicht.

1. Sind Sie schwanger?

Der Klassiker unter den Tabufragen. Fragen zu Schwangerschaft, sexueller oder politischer Orientierung gehören nicht ins Vorstellungsgespräch, da es hier nur um die fachliche und persönliche Eignung für die fragliche Stelle geht und nicht um das Privatleben.

Laut Headhunter Mike Boetticher von der match personalberatung in Frankfurt stehe die Frage bei Frauen mit drei bis sechs Jahren Berufserfahrung häufig im Raum. Obgleich unzulässig werde die Frage dennoch gestellt. „Die Arbeitgeber sagen dann so etwas wie: ‚Ich weiß, dass ich die Frage nicht stellen darf und Sie müssen sie auch nicht beantworten. Dennoch möchte ich fragen, wie es bei Ihnen mit der Familienplanung aussieht“, berichtet Boetticher. In diesem Fall ist eine Lüge durchaus statthaft.

„Außerdem kommen Kinder, wie wir ja alle wissen, auch ohne große Planung“, ergänzt Boetticher. Mithin kann niemand einer Bewerberin unterstellen, die Unwahrheit gesagt zu haben. Allerdings können die Arbeitgeber aus der Art und Weise, wie diese Tabufrage beantwortet wird, durchaus Rückschlüsse ziehen. Boetticher rät, diese Frage mit einer Floskel wie: „da ist noch nichts geplant“ zu beantworten.

2. Wie alt sind Sie?

Wieder ein Klassiker aus dem AGG-Zeitalter. Niemand darf aufgrund seines Alters diskriminiert werden – soweit die Theorie. „Inoffiziell steht das immer im Raum“, sagt Headhunter David Kitzinger von Badenoch & Clark in Luxemburg. Denn oftmals solle ein Kandidat bei einem Suchauftrag z.B. zwischen 35 und 45 Jahre alt sein. Allerdings enthalten nur Lebensläufe aus dem deutschsprachigen Raum Angaben zu Alter oder Geburtsdatum. In angelsächsischen, französischen, aber auch skandinavischen Lebensläufen ist Kitzinger so etwas noch nicht begegnet. „Das lässt sich aber aus dem Lebenslauf leicht errechnen“, ergänzt der Headhunter.

3. Mit wem arbeiten Sie zusammen und an wen berichten Sie?

Die Frage ist zwar nicht unzulässig, dennoch mit Fingerspitzengefühl zu behandeln. Headhunter und Arbeitgeber wollen natürlich wissen, in welcher Funktion ein Kandidat gearbeitet hat und welche Rolle er in einem Team spielte. Allerdings sollten dabei keine Namen fallen. „Sobald es in Richtung Namen geht, handelt es sich um vertrauliche Informationen“, betont Headhunter Thomas von Ciriacy-Wantrup von Fricke Finance & Legal in Frankfurt. „Es genügt völlig, wenn Sie antworten: ‚Ich habe an den Head of M&A Germany berichtet‘ und nicht an Peter Schmidt“, erläutert von Ciriacy-Wantrup. Funktionen sind also erlaubt, Namen nicht.

4. Wieso wollen Sie Ihren alten Arbeitgeber verlassen?

Auch hierbei handelt es sich um eine zulässige Frage. Allerdings lauern hier böse Fallen. So sollten Kandidaten diese Frage nicht als Einladung missverstehen, über ihren alten Arbeitgeber herzuziehen. „Man sollte nicht in die Lage geraten, schlecht über den Arbeitgeber zu reden“, warnt von Ciriacy- Wantrup. „Das kommt ganz schlecht an.“

5. An welchen Deals und Transaktionen arbeiten Sie mit?

Fragen zum aktuellen Geschäft sollte ein Kandidat in einem Vorstellungsgespräch nur mit Vorsicht beantworten. „Das ist völlig vertraulich“, warnt von Ciriacy-Wantrup. Außerdem frage sich ein Arbeitgeber dann schon, ob der Kandidat nicht auch vertrauliche Informationen von seinem Unternehmen ausplaudern würde.

6. Haben Sie sich anderswo beworben?

Dies stellt ebenfalls eine zulässige Frage dar. Oftmals würden Arbeitgeber in einem fortgeschrittenen Bewerbungsprozess Formulierungen anbringen wie: „Stehen Sie untere Entscheidungsdruck?“ Damit will der Arbeitgeber erfahren, ob er sich selbst mit seinem Entscheidungsprozess beeilen muss, damit der Kandidat nicht abspringt und anderswo anfängt. Allerdings sollten Kandidaten auch hier niemals Namen nennen. „Sie wissen ja nie, wer wen kennt“, betont Boetticher.

„Es kommt ganz darauf an, welche Klangfarbe man dieser Frage gibt“, ergänzt Kitzinger. „Man kann sie feindlich, aber auch freundlich stellen.“ Auch Kitzinger rät niemals anzugeben, bei welcher Adresse man sich beworben hat. „Da sollte man vorsichtig sein.“

7. Geben Sie mir die Kontaktdaten Ihrer Referenz

Da die Arbeitszeugnisse kaum noch Aussagekraft besitzen, spielen Referenzen eine wachsende Rolle. Allerdings warnt von Ciriacy-Wantrup davor, Handynummern oder sogar private Kontaktdaten vorschnell herauszurücken. „Als Kandidat müssen Sie die Informationen immer in der Hand behalten“, empfiehlt der Headhunter. Bewerber sollten daher sicherstellen, dass sie informiert werden, bevor ein Arbeitgeber die Referenz anruft. Auf diese Weise könne der Kandidat seine Referenz auch vorwarnen.

8. Wie viel verdienen Sie?

Eine Frage, die vielleicht delikat, aber dennoch völlig legitim ist. Nach Boettichers Erfahrung werde dieses Thema von Arbeitgebern tendenziell erst am Ende eines Vorstellungsgesprächs oder sogar erst im zweiten Gespräch angesprochen. „Das ist ein klares Kaufsignal“, betont Boetticher. Kandidaten sollten die Frage daher als positives Zeichen werten und wahrheitsgemäß beantworten.

Personalvermittler wiederum möchten recht früh erfahren, wie viel ein potenzieller Kandidat verdient. „Wir wollen wissen, ob der Kandidat gehaltsmäßig in der Range liegt oder nicht.“ 90 Prozent der Kandidaten hätten mit der Antwort auch kein Problem.

Headhunterin Stefanie Storck von Capital Talents in Frankfurt vereinbart üblicherweise mit einem Kandidaten zunächst ein Gespräch, in dem das Profil, die Anforderungen und die Lokalität der fraglichen Stelle besprochen werden. Anschließend versuche sie auch einen Eindruck vom Ist-Gehalt zu erhalten. „Das geschieht auch, um den Kandidaten vor Zeitverschwendung zu schützen“, sagt Storck. Denn besonders außerhalb der Banken würden die Personalbudgets meist streng eingehalten. „Wenn ein Kandidat nicht in den Gehaltsrahmen hineinpasst, dann brauche ich ihn in den meisten Fällen gar nicht erst zu präsentieren.“