Champagnerlaune im Consultancy: Umbau des deutschen Bankensektors sorgt für Riesennachfrage nach Beratern

März 2011

eFinancialCareers.de

Seit der Finanzkrise gleicht die deutsche Bankenlandschaft einer Großbaustelle.
Die Integration der Dresdner in die Commerzbank kostet 9000 Stellen, die
Akquisition der Postbank in die Deutsche Bank läuft auf Hochtouren und auch
die Konsolidierung der Landesbankensektors beginnt jetzt mit des Filetierung der
WestLB.

Während vielen Bankern nach endlosen Umstrukturierungen und kräftigem
Personalabbau zum Weinen zumute ist, herrscht in der Beratungsbranche
Champagnerlaune. Denn der Umbau der Banken bewirkt im Consultancy ein
kleines Jobwunder.

Der War of Talents hat längst begonnen

„Der Bedarf nach Consultants innerhalb der Practices Financial Services bei den
Beratungsunternehmen ist sehr groß“, beobachtet Aleksander Montalbetti vom
Frankfurter Executive Search-Unternehmen Montalbetti Associates. Seit Anfgang
/ Mitte 2010 sei die Nachfrage stetig gestiegen.

Wenn heute ein Bewerber drei Headhunter anrufe, habe er kurz darauf drei
Angebote auf dem Tisch liegen, unter denen sich der Kandidat das lukrativste
aussuchen könne. „Es handelt sich wirklich um einen War of Talents“, resümiert
Montalbetti.

Die gleiche Beobachtung macht auch Verena van de Weyer von der Frankfurter
Executive Search-Firm Fricke Finance & Legal: „Der Wettbewerb zieht an, weil die Auftragsbücher voll sind. Gerade auch kleinere Beratungen suchen nach
Personal, die bisher mit freien Mitarbeitern gearbeitet haben.“

Auch die Aussichten scheinen aus Bewerbersicht rosig zu sein. „Ich denke, dass
wir den Höhepunkt noch nicht erreicht haben. Der Beratungsbedarf in diesem
Bereich wird noch steigen“, ergänzt van de Weyer.

Alle Beratungssparten betroffen

Dabei geht der Trend quer durch die Branche. Sowohl die Strategieberatungen
wie McKinsey, Boston Consulting oder Roland Berger als auch die Big 4 und die
Technologieberater wie Accenture, Steria Mummert oder Capgemini würden zum
Teil händeringend nach neuem Personal suchen.

Laut Montalbetti sind vor allem Senior Berater und Projektleiter mit einer
Berufserfahrung von vier bis acht Jahren gefragt, die ein komplexes
Beratungsprojekt und ein Team leiten könnten. Dabei gebe es in der
Managementberatung zwei klassische Karrierewege: Die klassische
Beraterkarriere mit Projektleitungskompetenz und die Expertenkarriere mit
fachlicher Expertise wie beispielsweise im Risikomanagement.

„Interessant wird es, wenn jemand mindestens drei Jahre Erfahrung in der
Beratung gesammelt hat“, ergänzt van de Weyer. Dann bräuchten die Leute
keine lange Einarbeitungszeit und seien rasch einsetzbar. Besonders gesucht
seien Berater für Controlling, regulatorische Themen, Steuern und Capital
Markets, wo es um die Implementierung bzw. die Integration von IT-Systemen
und die Optimierung von Arbeitsprozessen gehe.

Gehaltstrend zeigt steil nach oben

Durch den War of Talents zeigt der Gehaltstrend klar nach oben. „Man ist in
vielen Beratungen bereit, weit überdurchschnittliche Gehälter zu zahlen“, betont
van de Weyer.

Montalbetti beziffert die Gehaltsspanne in der Strategieberatung auf
Pojektleiterstufe mit fünf bis zehn Jahren Berufserfahrung auf 120.000 bis
250.000 Euro und bei den Big 4 auf 80.000 bis 140.000 Euro. Für Kandidaten mit
dreijähriger Berufserfahrung gibt van der Weyer indes ein Gehalt von 70.000
aufwärts an, wobei jeweils Ausreißer möglich seien.

Lateral hires versus Seiteneinsteiger

Viele namhafte Beratungen wie McKinsey, Roland Berger oder die Big 4
rekrutieren ihr Personal an den Unis und setzen auf die interne
Mitarbeiterentwicklung. Doch durch aufgrund der vollen Auftragsbücher würden
jetzt auch verstärkt „Lateral hires“ getätigt.

Mit einem Irrtum räumt der Montalbetti indes auf: Während „Lateral Hires“ gefragt
seien, hätten Seiteneinsteiger kaum Chancen. So bewerben sich gelegentlich
Banker mit zehn Jahren Berufserfahrung im Management bankinterner Projekte,
die die Seiten wechseln wollten. „Dies funktioniert selten und nur wenn Bewerber
eine besondere fachliche Expertise mitbringen. Ein Einstieg in eine klassische
Beraterlaufbahn auf einem Senior Level ist nur möglich, wenn der Kandidat die
nötige Beratungserfahrung und Kundenkontakte mitbringe“, sagt Montalbetti.
Dagegen gebe es für jüngere Banker mit weniger als fünf Jahren
Berufserfahrung die Chance, in die Beratung zu wechseln.

„Es ist schwierig, die Leute aus Banken für das Beratungsumfeld zu begeistern“,
ergänzt van de Weyer. Viele Geschäftsreisen und die zeitweilige Trennung von
der Famlie wären für Banker oftmals unattraktiv. Überdies fehle die
„Vogelperspektive“, die externe Berater mitbrächten. Van de Weyer betont:
„Gefragt sind Leute, die eine gewisse Historie in der Beratung haben.“