Acht Tipps, wie Sie einen Brexitjob abbekommen

September 2017

eFinancialCareers.de

5000 Brexitjobs erwartet das Helaba-Research für die kommenden zwei Jahre. Noch sind davon allerdings so gut wie keine in Frankfurt angekommen. Lediglich Banken, die erst noch eine Banklizenz beantragen müssen, suchen nach den dafür erforderlichen Fachkräften aus Compliance, Risikomanagement und Controlling. Die Front Office-Jobs werden wohl noch ein paar Monate auf sich warten lassen. „Ich erwarte, dass die ersten Front Office-Jobs ab Mitte 2018 in Frankfurt ankommen werden“, sagt der aufs Investment Banking spezialisierte Headhunter Jan Graffelder von Look & Graffelder in Frankfurt. Dennoch ist schon jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, sich für die kommenden Karrierechancen zu positionieren. Konkret:

1. Signalisieren Sie einschlägigen Headhuntern Ihre Wechselbereitschaft

„Immer mehr Investmentbanker – Führungskräfte und Spezialisten – melden sich bei mir und sagen: Wenn Sie einen passenden Brexitjob haben, dann denken Sie an mich“, berichtet Graffelder. „Darunter sind auffällig viele Investmentbanker von Instituten, deren künftiges EU-Hauptquartier nicht nach Frankfurt kommen wird.“

„Vor allem Senior-Profile strecken schon ihre Fühler zu Headhuntern in Frankfurt aus. Die Interessenten melden sich nicht nur aus London, sondern auch aus Zürich“, bestätigt Personalberaterin Sabrina Tamm von Financial Talents in Frankfurt. Tatsächlich hält es Tamm für überaus sinnvoll, bereits heute einschlägigen Headhuntern die Wechselbereitschaft zu signalisieren. Dies gilt natürlich ebenso für Banker, die bereits in Frankfurt arbeiten und sich durch den Brexit einen Karriereschritt versprechen.

„Wir stellen aber fest, dass ähnliche Profile in London enger gefasst sind als in Frankfurt“, sagt Tamm. Daher sollten Londoner Kandidaten nicht nur ihre Kernexpertise angeben, sondern auch ihre Kompetenzen links und rechts davon.

2. Bewerben Sie sich auch direkt

Die Zahl der von Personalvermittlern besetzten Jobs fällt in Frankfurt traditionell deutlich geringer als in London aus. „In Deutschland herrschen immer noch die Direktbewerbungen vor. Daher genügt es nicht, seinen Lebenslauf einfach an einen Headhunter zu schicken“, warnt Personalberater Thomas von Ciriacy-Wantrup von
Fricke Finance & Legal in Frankfurt.

„Die Erwartungen an einen Bewerbungsprozess unterscheiden sich in London und Frankfurt beträchtlich“, erzählt von Ciriacy-Wantrup. „Wir haben Kunden aus London, die wollen, dass wir ihnen einige Lebensläufe von Kandidaten herüberschicken und kurz darauf die ersten Vorstellungsgespräche stattfinden“, erzählt von Ciriacy- Wantrup kopfschüttelnd. „Dies gilt natürlich unter umgekehrten Vorzeichen auch für Londoner Kandidaten. Wer sich in Deutschland bewirbt, muss sich auf deutlich längere Prozesse gefasst machen.“

3. Bewerben Sie sich auf Englisch, aber im deutschen Format

Englische Bewerbungen sind heute Standard, sogar wenn beide – Bewerber und Empfänger – Deutsche sind. „In dem Prozess ist irgendwann immer ein Engländer involviert“, erläutert von Ciriacy-Wantrup. Gerade auch bei ausländischen Banken führt an einer englischen Bewerbung deshalb kaum ein Weg vorbei. So weit, so simpel.

Dennoch rät von Ciriacy-Wantrup dringend von einseitigen amerikanischen Lebensläufen ohne Geburtsdatum und Foto ab. „Die Arbeitgeber erwarten hier meist eine Bewerbung nach deutschen Standards“, betont der Personalberater. Dies
schließt einen ausführlichen zwei- bis dreiseitigen Lebenslauf samt Geburtsdatum und Foto, Anschreiben und sämtliche Zeugnisse ein.

Für Rückkehrer aus London, New York oder Singapur stellt schon das eine kleine Hürde dar, denn Arbeitszeugnisse im deutschen Sinne sind dort schlicht unbekannt. „Die meisten lassen sich dann einen ‚reference letter‘ ausstellen. Der entspricht zwar keinem deutschen Arbeitszeugnis, ist aber in einem honorigen positiven Englisch verfasst“, erzählt von Ciriacy-Wantrup. „Den Arbeitgebern reicht das meistens.“

4. Bekommen Sie heraus, wo Ihre Ansprechpartner sitzen

Also deutscher Bewerbungsstandard in englischer Sprache. Doch ganz so einfach ist die Angelegenheit wiederum nicht. Von Ciriacy-Wantrup empfiehlt sich zunächst genau zu informieren, wo die Ansprechpartner und die zuständige Personalabteilung sitzen. „Wenn das in London ist, dann sind englische Standards angebracht und deutsche in Frankfurt.“

5. Erwähnen Sie „Frankfurt“ in ihren Social Media-Profilen

Auf dem Arbeitsmarkt für Finanzprofis gehört Internet-Stalking zum Alltag. Vorgesetzte, Hiring Manager und natürlich Headhunter nutzen die beruflichen Netzwerke, um auf dem Laufenden zu bleiben. Die Suche nach interessanten Profilen geschieht dabei über Schlagwörter. Daher empfiehlt Tamm den Begriff „Frankfurt“ irgendwo in dem Profil unterzubringen. „Es ist natürlich ungeschickt ‚Ich suche eine neue Herausforderung in Frankfurt‘ anzugeben“, sagt Tamm. „Aber der Begriff Frankfurt lässt sich auch anderswo – z.B. bei einem Praktikum – im Profil unterbringen.“

6. Beleben Sie Ihre Kontakte nach Frankfurt neu

Wer einen Brexitjob in Frankfurt abbekommen möchte, sollte seine Verbindungen zu der Metropole wiederbeleben. „Setzen Sie sich einfach mit ehemaligen Studienfreunden und Kollegen in Verbindung, die in Frankfurt arbeiten“, empfiehlt Tamm. Eine irgendwie bestehende Brücke zu Frankfurt, könne bei einer späteren Bewerbung weiterhelfen und zeuge in jedem Fall vom Ernst der Wechselbereitschaft.

7. Verfügbarkeit in Deutschland

Wer sich von London aus in Deutschland bewirbt, sollte möglichst gleich angeben, wann er das nächste Mal vor Ort ist. „Wenn Sie bei einer Bewerbung angeben, wann Sie das nächste Mal nach Frankfurt kommen, dann hinterlässt dies einen guten Eindruck“, betont von Ciriacy-Wantrup. Oft ließe sich dann schon ein erstes Treffen arrangieren und selbst wenn dies nicht möglich sei, würden Bewerber damit zumindest Sympathiepunkte sammeln. „Geben Sie auch Ihre Skype-Adresse oder ähnliches an“, empfiehlt er. Häufig würden Erstgespräche gerade bei Bewerbern aus dem Ausland über Videotelefonie erfolgen.

8. Lernen Sie Deutsch

Wer diese Zeilen lesen kann, hat schon einen gewaltigen Startvorteil. Denn von Bewerbern werden in Deutschland regelmäßig Deutschkenntnisse verlangt. „Wer im Front Office arbeitet und kein Deutsch kann, bekommt schon bei großen Unternehmenskunden Probleme“, warnt von Ciriacy-Wantrup. Selbst wenn die offizielle Unternehmenssprache Englisch sei, werde in Kundenmeetings und auch ansonsten inoffiziell Deutsch gesprochen. Tatsächlich sind selbst die meisten Mitarbeiter der US-Banken wie Goldman Sachs oder JP Morgan in Frankfurt Deutschmuttersprachler. „Entsendete Mitarbeiter sind eigentlich nur noch bei asiatischen Banken üblich“, erzählt von Ciriacy-Wantrup.

Tamm empfiehlt Deutschkennnisse im Lebenslauf anzugeben, selbst wenn diese nur rudimentärer Natur sind. Allerdings beobachtet sie eine langsame Öffnung des Investment Banking-Arbeitsmarktes für internationale Kandidaten. „Es gibt schon erste Kunden, die sich einen M&A-Spezialisten vorstellen können, der aus einem anderen europäischen Land kommt und kein Deutsch spricht“, sagt Tamm. Dies hänge indes von Bank und Kundenkreis ab. „Wenn das Team nur Mittelstandskunden betreut, dann führt an Deutsch kein Weg vorbei“, sagt Tamm. „Die Tür beginnt sich aber langsam zu öffnen.“