Selters statt Sekt: Was deutsche Headhunter für 2013 erwarten

Januar 2013

eFinancialCareers.de

Falls sich der Arbeitsmarkt für Finanzprofis an den Kapitalmärkten orientiert, müsste eigentlich Jubelstimmung herrschen. Denn allein der DAX schoss in 2012 raketengleich um stolze 26 Prozent auf 7656 Punkte nach oben und ist damit lediglich 6 Prozent von seinem Allzeithoch bei 8152 Punkten aus dem Sommer 2007 entfernt. Und auch die Euro-Anleihenmärkte haben sich seit dem Sommer 2012 spürbar erholt. Dennoch sind die meisten Financial Services- Recruiter in Deutschland weit von einer Feierlaune entfernt. Dort heißt es vielmehr: Selters statt Sekt.
Zumindest einige Chancen scheint es im Asset Management noch zu geben

So fürchtet Headhunter Patrick Riske von Fricke Finance & Legal in Frankfurt, dass die Aktienrallye „ausgereizt“ sein könne. „Wenn die Märkte wieder fallen, dann dürfte der Kostendruck auch bei Asset Managern wieder steigen“, erläutert Riske. Denn die Erträge bemessen sich vornehmlich an der Höhe der Assets under Management. Aus diesem Grund könne die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt für Finanzprofis in 2013 sogar noch schlechter als im alten Jahr ausfallen.

Wesentlich optimistischer zeigt sich dagegen Manuel Rehwald von BiermannPartners in Frankfurt. „Eigentlich bin ich für das neue Jahr recht positiv gestimmt. Im Asset und Wealth Management wird weiterhin eingestellt“, beobachtet Rehwald. Im Vordergrund stünden dabei Vertriebs- und Marketing- Positionen. „Unternehmen sind weiterhin offen für gute Talente“, ergänzt Rehwald.

„Das Asset Mangement stellt noch ein, wobei sich die Branche in der Konsolidierung befindet“, meint auch Headhunter Rolf Behrens von Banking Consult in Bad Nauheim bei Frankfurt. Allerdings würden weniger Portfolio Manager für europäische Aktien gesucht, als Spezialisten für Total Return, Quantitatives Fondsmanagement sowie Vertriebsprofis.

Riske ergänzt: „Einen kleinen Trend würden wir übrigens in Sachwerten (als Assetklasse) sehen; d.h. beispielsweise im Bereich Real Estate geht wieder etwas mehr, weil das Transaktionsvolumen zunimmt.“

Es wird nur noch punktuell eingestellt

„Es gibt keine großen Einstellungstrends auf dem Arbeitsmarkt. Es finden hauptsächlich Nachbesetzungen von Stellen statt“, beobachtet Riske weiter. Selbst die Nachfrage nach den Klassikern der jüngsten Vergangenheit wie Vertriebspositionen und Regulierung habe nachgelassen. „Es fehlt einfach die Quantität in der Nachfrage“, ergänzt Riske.

Ganz ähnlich sieht dies Headhunter Andreas Weik von Heads! in Königstein bei Frankfurt: „Es ist sehr schwierig, eine Prognose abzugeben. Die Konsolidierung wird aber sicherlich weitergehen.“ Allerdings gebe es immer Positionen, die Banken nicht unbesetzt lassen können. „Nachbesetzungen von Spezialisten wird es immer geben“, betont Weik. Die Arbeitgeber würden jedoch zunächst versuchen Vakanzen intern oder über Netzwerke zu füllen. „Das spart Kosten“, resümiert Weik.

Düstere Aussichten fürs Investmentbanking

Obgleich Rehwald derzeit zu den optimistischeren Headhuntern zählt, hält der Experte das Investmentbanking für ein „sehr schwieriges Thema“. Die Nachfrage nach Investmentbanking-Produkten auf dem Retailmarkt sei gering, institutionelle Kunden hätten mit der wachsenden Regulierung zu kämpfen und außerdem halte der Trend zu vergleichsweise schlichten Produkten an. „Dafür brauchen Banken weniger Personal“, sagt Rehwald.

M&A- und Corporate Finance-Boutiquen schaffen noch Jobs

„Das M&A-Geschäft ist teilweise rückläufig“, beobachtet Behrens. Während die Groß- und Investmentbanken abbauen, werde bei Boutiquen noch Personal aufgebaut. „Teilweise finden die von den Großbanken Freigesetzten bei kleineren Anbietern gleich wieder einen Job“, ergänzt Behrens.

Weik beobachtet einen breiteren Trend zu kleineren Einheiten. Abgesehen von M&A- und Corporate Finance-Boutiquen werde es immer mehr „Non regulated businesses“ geben. Auch die ersten Debt Funds hätten zwischenzeitlich ihren Weg aus dem angelsächsischem Raum nach Deutschland gefunden.

Transaction Banking sucht weiter nach Personal

Das Global Transaction Banking gilt als nicht sonderlich spannendes, aber als stabiles Geschäft. Mit diesen Eigenschaften erfreut es sich im derzeitigen Umfeld bei Banken großer Beliebtheit. „Im Transaction Banking und Cash Management, dort suchen die Großbanken noch nach Mitarbeitern“, sagt Behrens.

Beratungsgeschäft boomt weiter

Eine vergleichsweise stabile Nachfrage beobachtet Mike Boetticher von der match personalberatung in Frankfurt bei den Professionell Services. „Die Big 4 und Rechtsanwaltskanzleien suchen nach wie vor. Das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht groß ändern“, sagt Boetticher. Allerdings habe hier der Nachfragedruck nachgelassen.

Auch Headhunter Andreas Christl von talentspy in München sieht anhaltende Nachfrage von den Beratungsgesellschaften. „Die Big 4 wollen in die Strategieberatung einsteigen und die klassischen Strategieberatungen wollen sich breiter aufstellen. So versucht jeder, dem anderen ein Stück vom Kuchen abzujagen“, erläutert Christl. Darüber hinaus sei die Fluktuation in der Beratungsbranche traditionell recht hoch. Schon dadurch reiße der Personalbedarf niemals ab.

Immer mehr Unternehmen – auch jenseits der Finanzdienstleistungen – würden ihr Inhouse-Consulting verstärken. „Gerade Großunternehmen, die immer sehr viele Berater beschäftigen, bauen Kapazitäten inhouse auf, um die hohen Tagessätze der Beratungen zu umgehen“, beobachtet Christl. Weiter würden immer häufiger ganze Beratungs-Teams den Arbeitgeber wechseln.

Dagegen meint Weik, dass sich selbst die Beratungsbranche nicht dem Kostendruck entziehen könne. „Auch die Banken stehen bei der Beschäftigung von Beratern zunehmend auf der Kostenbremse“, sagt Weik.

Demographische Entwicklung sorgt für Nachfrage nach jungen Versicherungsprofis

Schon seit Jahren ziehen die Versicherungen die Kostenschrauben an, weshalb es auch große Personalabbauprogramme in der Branche gibt. Die besten Beispiele hierfür sind Ergo in Düsseldorf und Axa in Köln. „In Zukunft wird es weniger Versicherungen geben“, glaubt Boetticher. Mit der Konsolidierung werde die Beschäftigung in der Branche ebenfalls sinken. Dennoch werde das Versicherungsgeschäft zumindest jüngeren Leuten attraktive Perspektiven bieten.

Denn Versicherungen würden im Vergleich zu Banken relativ viele ältere Mitarbeiter beschäftigen, die sukzessive in den Ruhestand wechseln. „Daher sind junge Mitarbeiter mit zwei bis fünf Jahren Berufserfahrung gesucht“, beobachtet Boetticher. „Der demographische Wandel wird mittelfristig noch zu Problemen führen“, meint der Experte – zumal die Versicherungsbranche bei jüngeren Leuten als eher langweilig verschrien sei.

Die Klassiker: Legal und Compliance

Kaum ein Monat vergeht, in dem sich Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden keine neuen Regulierungen ausdenken. Dies stellt einen wahren Jobmotor für entsprechende Profile dar. „In Legal und Compliance beobachten wir eine recht hohe Nachfrage nach den unterschiedlichsten Profilen. Senior oder Junior – ganz egal“, erzählt z.B. Rehwald. Auch Behrens registriert eine anhaltende Nachfrage nach Legal, Compliance und Risikomanagement.

Familie und Privatleben gewinnen an Bedeutung

Doch abgesehen von den Karriereaussichten beobachtet Rehwald bei den Kandidaten einen ganz anderen Trend. Durch die Veränderung der Branche und die auf breiter Front fallenden Boni spielen finanzielle Anreize eine sinkende Rolle. „Es wird immer schwieriger, einen Kandidaten für einen neuen Job von einem Umzug von Frankfurt nach München oder umgekehrt zu bewegen“, erzählt Rehwald. Der Fokus verschiebe sich sukzessive von der Karriere zum Privatleben. Der geforderte Mentalitätswandel in der Branche sei bereits im Gange.