Wie Sie aus Ihrem Chef eine Gehaltserhöhung herausschlagen

September 2013

eFinancialCareers.de

Wie beim Armdrücken kommt es bei Gehaltsverhandlungen auf die richtige Technik an.

Trotz des kleinen deutschen Wirtschaftswunders knausern die meisten Arbeitgeber, sobald das Thema Gehaltserhöhung zur Sprache kommt. Ein besonderes Problem stellt dies für über- und außertarifliche Mitarbeiter dar, die sich selbst um ihre Gehaltserhöhungen kümmern müssen. Denn dort ist jeder gewissermaßen seines eigenen Glückes Schmied. Wir haben zusammengestellt, wie Sie Ihrem Glück ein wenig auf die Sprünge verhelfen.

1. Wie man an die Spitze der Nahrungskette gelangt

Bei größeren Unternehmen – wie z.B. Banken – wird alljährlich die Erhöhung des Gehaltspools um z.B. 3,5 Prozent beschlossen, erzählt Headhunter Thomas von Ciriacy-Wantrup von Fricke Finance & Legal in Frankfurt. „Damit erhält nicht jeder 3,5 Prozent mehr“, betont von Ciriacy-Wantrup. Stattdessen erhalte ein Mitarbeiter nur 1,5 Prozent und dafür ein anderer 5 oder 6 Prozent. Dies verhalte sich wie eine Gaußsche-Normalverteilung. Von daher sei der Spielraum bei den Fixgehältern begrenzt. Bessere Chancen bestünden indes bei den in den Finanzdienstleistungen immer noch verbreiteten Boni.

Headhunter Raphael Rosenfeld von Talentspy in München hält die Jahreszielgespräche für den richtigen Ort, um nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. „Wenn es gut gelaufen ist, dann kann man nett und freundlich die Frage stellen, wie es denn mit der Weiterentwicklung innerhalb der Firma aussehe. Von dort aus lässt sich dann geschickt zum Thema Gehalt überleiten“, rät Rosenfeld.

Von Ciriacy-Wantrup empfielt die halbjährlichen oder ganzjährlichen Gespräche zu den Zielvereinbarungen für Gehaltserhöhungen zu nutzen. Dabei komme es entscheidend auf eine gute Vorbereitung an. So sollten die alten Zielvereinbarungen durchgegangen werden: Was wurde umgesetzt, was wurde nicht umgesetzt und was wurde besser als erwartet umgesetzt?

„Der Zielerreichungsgrad lässt sich gut in Prozent ausdrücken“, sagt von Ciriacy- Wantrup. Falls alle Punkte zu 150 Prozent umgesetzt worden sind, dann könne man auch nach einem entsprechend höheren Bonus fragen. Wenn hingegen ein Ziel nicht erreicht wurde, dann sollte man sich gute Gründe zurechtlegen, wieso dies misslang.

2. Langfristige Planung ist bei Gehaltserhöhungen Gold wert

Doch die Erreichung oder sogar Übererfüllung eines Ziels kann durch eine vorausschauende Planung bereits frühzeitig in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Mitarbeiter sollten darauf achten, dass utopische Ziele gar nicht erst ihren Weg in die Zielvereinbarung finden. „Man kann sagen: ‚Soweit würde ich nicht gehen, weil die definierten Ziele nicht realistisch sind“, rät von Ciriacy- Wantrup.

3. Die vier Regeln der Gehaltsverhandlung

„Dabei handelt es sich auch nur um eine Verhandlungssituation“, meint Headhunter Gunnar Belden von der Maturias Personalberatung in Frankfurt, der u.a. als Coach Verhandlungsführung trainiert. Belden empfiehlt die vier Regeln der Verhandlungsführung:

Verhandelt wird immer sofort: Mitarbeiter sollten sich nicht mit Floskeln wie „Dafür finden wir schon eine Lösung“ oder „Wir werden sehen, wie sich das entwickelt“ begnügen. Dies würde lediglich beide Parteien unzufrieden zurücklassen.

Wer nichts weiß, redet über den Preis: „Man muss über die Leistung sprechen. Der Preis stellt lediglich den äußerlichen Rahmen dar“, rät Belden. Leistung und Preis gehörten zusammen.

Verhandelt wird immer auf gleicher Augenhöhe: „In Gehaltsverhandlungen muss der Mitarbeiter seine Rolle als Untergebener ablegen“, sagt der Karrierecoach. Verhandelt werde immer von Gleich zu Gleich. Ansonsten befände sich der Mitarbeiter von Anfang an in einer schwächeren Position.

Es gilt „Quid pro quo“: Belden empfiehlt eine flexible und geschickte Verhandlungsführung. Es gelte nicht nur ein bestimmtes höheres Gehalt zu fordern, sondern das Gesamtpaket im Auge zu behalten. „Dazu gehören Gehalt, Bonus, die Auszahlungsmodalitäten der Boni, Urlaubstage, Führungsverantwortung oder ein neuer Jobtitel. Diese sogenannte Verhandlungsmasse sollte spielerisch beherrscht werden, um ein faires Geben und Nehmen zu ermöglichen“, sagt Belden. Ein „zielführendes Miteinander” sei auch im Interesse des Vorgesetzten.

4. Das riskante Pokern mit alternativen Jobangeboten

Laut Rosenfeld gehen viele Leute auch mit dem Angebot eines anderen Arbeitgebers zu ihrem Chef und fragen beispielsweise: „Ich habe festgestellt, dass im Markt 15 Prozent mehr gezahlt werden. Was kann man denn da machen?“ Das „Pokern“ um ein Gegenangebot des alten Arbeitgebers funktioniere ganz gut.

Auch wenn Mitarbeiter gar nicht pokern würden, sondern tatsächlich ein alternatives Angebot annähmen, würden 60 bis 70 Prozent ein Gegenangebot erhalten. Schließlich sei die Wiederbesetzung eines Arbeitsplatzes ebenfalls mit erklecklichen Kosten und Risiken verbunden.

Dennoch ist Rosenfeld kein Freund dieser Taktik, denn der Mitarbeiter zeige sich auf diese Weise als sehr „money driven“ und als jemand dessen Loyalität allein an der Bezahlung hänge. „Der Vorgesetzte verabschiedet sich im Kopf schon ein wenig von dem Mitarbeiter“, sagt Rosenfeld. Daher wäre diese Taktik zwar kurzfristig sehr erfolgreich, aber keinem zu empfehlen, der längerfristig seine Zukunft in dem Unternehmen sehe.

5. Wie Sie bei einer Beförderung mehr Geld herausschlagen

Eine Beförderung oder ein neuer Job im gleichen Unternehmen stellt auch einen passenden Zeitpunkt dar, um eine Gehaltserhöhung zu verlangen. Doch vor etwaigen Gehaltsverhandlungen empfiehlt von Ciriacy-Wantrup sich über seinen aktuellen Marktwert ganz genau zu informieren. Dabei können Gehaltspiegel, Studien und Gespräche im Kollegenkreis weiterhelfen. Auch kompetente Headhunter besäßen einen guten Überblick über das Gehaltsniveau in den fraglichen Positionen. „Da haben Sie vielleicht eine Varianz von 5000 bis 10.000 Euro“, ergänzt von Ciriacy-Wantrup. „Die Benchmark lautet: Wie ist das marktgerechte Gehalt in einer Position.“

„Dabei kann das Thema Gehalt offen ausdiskutiert werden“, ergänzt von Ciriacy- Wantrup. Schweigen helfe nur selten weiter. Der Headhunter rät dazu, den Unterschied anzusprechen und Formulierungen zu wählen wie: „Da müssen wir einen Kompromiss finden.“

6. Nur bei einem Arbeitsplatzwechsel klingelt es so richtig in der Kasse

Doch von Ciriacy-Wantrup warnt vor zu großen Hoffnungen. „Bei der Weiterentwicklung im gleichen Unternehmen wird das Gehalt eher moderat steigen“, betont der Experte. Bei einem Arbeitgeberwechsel komme immer auch ein „Wechselbonus“ hinzu. „Wenn wir Kandidaten vergleichen, die nach der Uni zehn Jahre bei dem gleichen Arbeitgeber geblieben sind und sich dort intern weiterentwickelt haben, dann liegen sie mit 99prozentiger Wahrscheinlichkeit hinter Kandidaten, die in dieser Zeit ein oder zweimal gewechselt sind.“